Samstag, 22. März 2014

Von der Buchmesse - am Tag der unabhängigen kleinen Verlage


Ausschnitt Halle 4; Messeplan Leipzig, März 2014

Und was empfing mich, als ich am letzten Sonntag die Halle 4 betrat? - Österreich!

Fairerweise muß man mir zugestehen, dass ich mich in den letzten Tagen weidlich der Schweizer Bücherwelt, ihren Verlagen und Autoren gewidtmet hatte, und so tauchte ich ohne schlechtes Gewissen unter das österreichische Rot-Weiß und wurde fündig:

unartproduktion
Edition Bernest
Jungbrunnen
Edition Tandem


Ich möchte wetten, dass die meisten hier aufgeführten Verlage in die Kategorie der kleinen unabhängigen passen, und so ist dies auch mein Beitrag zum heutigen Tage:

Indiebookday


Peter Langebener
protokoll eines fußes
unartproduktion, Dornbirn

Es erscheinen ja allerhand Bücher zur kommenden Fußball-Weltmeisterschaft, aber sicher keines wie dieses. Erforscht wird das Spiel auf sprachliche Weise. Schmunzelnd, verblüfft, erstaunt öffnet sich mir ein weites Feld - ich bin entzückt.
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Gemma Salem, Sempé
Franz Schubert
Edition Bernest, Wien

Wieder eine Überraschung:  Der Verlag Edition Bernest scheint einzig dieses Buch im Programm zu führen. Es wird angepriesen als: Unser Bestes. Na, ich glaub's wohl.
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Isol
Der Ballon
Jungbrunnen, Wien

Vergnügt und gekonnt illustriert Isol, was kleine Menschen so beschäftigt. Schon ihre beiden anderen Bücher empfehle ich gerne: Wie siehst du denn aus? (Aufbau) und Überraschung für Nino (Annette Betz).
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Ulrike Schrott, Alfons Eder
Der Löwenzahn
Edition Tandem, Salzburg

Ach ja, der unscheinbare Löwenzahn. Es gibt hier allerhand zu entdecken. Und die Insekten begleiten uns dabei.

Wiener Verlag - Schweizer Intermezzo
 
Sonderzahl
Haben Sie je von einem Verlag Sonderzahl gehört? Ich nicht. Aber dafür sind Buchmessen ja da, und so kam es zu dieser schönen Entdeckung:

Ilma Rakusa
Autobiographisches Schreiben als Bildungsroman
Sonderzahl, Wien

An dieser Stelle kommt meine Beichte, dass ich noch nicht in Schnetzlers Buch - siehe unter: 17. Februar - hineingelesen habe. Jetzt denke ich, dass ich doch endlich "Der grüne Heinrich" von Gottfried Keller vorher lesen sollte, von dem wir eine schöne ledergebundene Ausgabe im heimischen Bücherschrank geduldig warten haben. Aus berufenem Munde, von H., weiß ich nämlich, dass Schnetzler sich direkt darauf bezieht. Und er stieß mich auch auf Fritz Zorn, wobei eine Kundin diesen auch vor der Leipzig Reise erwähnt hatte als einen der wenigen Schweizer Autoren, abgesehen von Dürrenmatt und Frisch, die ihr auf Anhieb einfielen. Fritz Zorn; Mars - das gehört zu den magischen Autor-Titel Klängen der Achtziger und es ist ein Buch, das ich zuvor überhauptnicht weiter kannte, obwohl es sozusagen in der Luft lag. Also hatte ich es mir als Reiselektüre aus besagtem heimischen Bücherschrank gefischt. Bei der ganzen Leipzig Reise bin ich aber über das - allerdings aufschlußreiche - Vorwort von Adolf Muschg nicht hinausgekommen. Soviel kann ich aber wohl sagen, dass auch in "Mars" das autobiographische Schreiben zu einem Bildungsroman gerät.
"Der Bogen der diskutierten Werke in Ilma Rakusas Poetikvorlesung reicht von Tolstoj bis Danilo Kiš und Imre Kertész, von Marguerite Duras bis Herta Müller, Emine Sevgi Özdamar und Gisela von Wysocki. Ilma Rakusas Erinnerungspassagen Mehr Meer bilden einen persönlichen Referenzpunkt." (Verlagstext)
S. Fischer (altes Cover)
Suhrkamp
Ach, sieh an, Gisela von Wysockis Roman "Wir machen Musik" ist also auch dabei. Das ist der Roman, den wir in der Vorleserunde am 2. Montag im Monat so nach und nach  durchlesen. Ich empfinde die Lektüre wie eine ausgedehnte Therapiesitzung mit teils komischen, teils schockierenden aber immer tiefgründigen Momenten. Reizvoll ist auch die Zeitreise ins Brandenburg der Zeit vor, im und nach dem zweiten Weltkrieg eben aus der Sichte eines Kindes und einer Heranwachsenden. Ein lohnenswertes Buch und Studienobjekt. Ich bin schon neugierig, was Ilma Rakusa wohl darin entdeckt.

Ein Kuriosum am Rande finden Sie, wenn Sie auf der Verlagsseite den Link zum Tagesspiegelartikel anwählen. Verrückte Zeit in der wir leben!

Zu diesem Buch sei noch darauf hingewiesen, dass es der 1. Band der Stefan Zweig Poetikvorlesungen ist. Auf Stefan Zweig verweise ich immer gerne. Die Poetikvorlesungen stehen unter unter Auspizien des Stefan Zweig Zentrums in Salzburg; und Mitte Mai 2013 hatte in der Edmundsburg die fünfte Lesung, mit ilja Trojanow, stattgefunden.  Als 2. Band ist, ebenfalls 2013, die Poetikvorlesung von Feridun Zaimoglu erschienen: "Selbstverschwendung (in drei Bildern)"
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Nicht einen besonderen Titel, aber den Veralg insgesamt habe ich noch notiert, weil das programm mich reizte: Müry Salzmann, Salzburg
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Löcker
Löcker

Dann habe ich noch notiert:

Ulrich Weinzierl
Alfred Polgar
Löcker, Wien

"Diese Biographie stellt Polgars Werk in den Zusammenhang seiner Zeit und läßt auch den Menschen Polgar – hinter seinem Schutzpanzer von Witz und Ironie –deutlich erkennen, dessen Lebensweg vom Wien um 1900 über die »große Zeit« des ersten Weltkriegs, die konfliktträchtigen Jahre des Österreich nach 1918, Glanz und Elend im Berlin der untergehenden Weimarer Republik, durch die bitteren Jahre der Emigration bis zum Sterben im Zürcher Exil führte." (Verlagstext)"
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Außerdem, aus dem selben Verlag:

Christopher Alexander et al.
Eine Mustersprache

Dieses Buch ist ursprünglich 1978 in der Oxford University Press erschienen: A Pattern Language; Towns, Buildings, Construction. Der Löcker Verlag bietet es, herausgegeben (und ich nehme an, auch in Übersetzung) von Hermann Czech, zum stolzen Preis von 108,00 € an, bei OUP im Origional kostet es ca. 60,00 €.

Beim Blättern im fernen Leipzig dachte ich gleich an unser bauwütiges Berlin. Da wäre der Band ein hervorragender Beitrag zum Nach- und Durchdenken; denn es geht um menschliches Behaustsein im privaten und im öffentlichen Raum, um uns und unsere Welt, die wir ringsum gestalten und in der wir uns bewegen und die uns prägt. Ein tolles Buch jedenfalls - für den, der's sich leisten kann.

Und damit hatte ich die kleine Welt Österreich auf der Buchmesse durchschritten. Vielleicht hole ich das ein oder andere der Bücher ins Programm. Wollen will ich immer, nur können muß man können. Sind Sie interessiert, dann bestell ich gerne.

Sollte ich mehr zum Besuch in Leipzig aufschreiben, wird das ein neuer Eintrag; denn dieser ist lang genug.

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