Donnerstag, 1. August 2013

Henri Quatre Colloquium - Der Louvre und Margot


RUB 6943, Ausgabe von 1943 von Privat
Liebe Colloquianer;

die Zeit ist reif, Das Amulett von Conrad Ferdinand Meyer hinzuzuziehen. Darin werden die Ereignisse um die Bartholomäusnacht in Prägnanz von anderer Warte her aufgerollt. Aber zuerst zu Heinrich Mann und wie er die Dinge schildert. Diesmal hoffe ich, dass sich hier doch ein paar mehr Kommentare einfinden werden.

Und um es gleich zu Anfang deutlich anzukündigen:  zum 1. September, das ist ein Sonntag, trifft sich das Henri Quatre Colloquium hier wieder zum Austausch über das Kapitel: Die Schule des Unglücks.

Louvre 1
Wikipedia common
Was ist inzwischen geschehen? Mit seiner hugenottischen Gefolgschaft trifft Henri von Navarra in Paris ein, dessen Straßen unheimlich leer und still sind - "abgeräumte Auslagen und geschlossene Läden". Nach und nach bleiben die Truppen zurück, ursprünglich 800 Mann stark.

"Jemand berührt seine Schulter, einer der Freunde wohl, er hört ihn sagen: «Sie haben hinter uns das Tor geschlossen.» Sofort war er kühl und klar. Er stellte fest, daß wirklich die Leute des Louvre den Zugang zu der Brücke schnell verrammelt hatten, bevor seine bewaffnete Deckung hindurch war. Die Seinen lärmten draußen."
Louvre 2

Und weiter:
"Henri musterte seine wenigen Genossen: dann setzte er sich an ihre Spitze und ritt weiter genau zwanzig Fuß weit, wie er berechnete; jetzt polterten die Hufe auf Holz, das war die Zugbrücke. Eine Tür – die Tür des Louvre, dunkel und massig zwischen zwei alten Türmen. Endlich ein Gewölbe, so niedrig, daß die Reiter absaßen und ihre Tiere führten. Die andere Hand legte sich von selbst um den Griff der Pistolen. Noch einmal zwanzig Fuß zählte Henri, ganz Spannung. Indessen gelangte er in einen Hof."

Das ist praktisch Faustens Osterspaziergang in Umkehrung. Heinrich Mann bewegt sich fast in Grimmschen Sphären mit Hexen und Giftmischen, mit zuckenden Flammen und Raufbolden in Spelunken. Es knistert in der Stadt. Der Firnis über allem Barbarentum ist Katharina de Medicis Art von Glanz; sie erscheint wie eine Circe, unter deren Bann Männer zu Schweinen werden. Catherine, Henris Schwester, ist fast wie eine Heroine aus Dickens, so gut und rein, während Henri in seinem jugendlichen Ungestüm hierhin und dorthin gerissen scheint, aber mit Glück und Freunden und - wie es scheint manchmal - aus höherer Fügung durch all das Wirrwarr von Aufruhr und Verschwörung weiter auf seinem gewundenen Pfad zur Vollendung drängt.

Für die Leser der Rowohlt-Ausgabe hier wieder die Übersetzung (Helmut Bartuscheck) der Moralite zum Kapitel "Der Louvre":
Sie hätten viel besser daran getan, Henri, umzukehren, solange noch Zeit dazu war. Ihre Schwester sagt Ihnen das, sie, die so verständig ist – und es doch auch nicht immer sein wird. Es ist nur zu klar, daß dieser Hof, den eine böse Fee beherrscht, sich nicht damit begnügen wird, Ihnen «die Königin, Ihre Mutter» getötet zu haben, sondern daß Sie noch teurer Ihren Eigensinn, der Sie zu lange in ihm verweilen ließ, bezahlen müssen und Ihre Lust an allem, was gefährlich ist. Andererseits läßt Sie aber auch dieser Aufenthalt die tiefe Zweideutigkeit des Daseins erkennen, das nur mehr rund um einen gähnenden Abgrund sich abspielt. Das erhöht nur noch den Reiz des Lebens, und Ihre Leidenschaft für Margot, die zu lieben Ihnen die Erinnerung an Jeanne verbietet, bekommt dadurch einen schauerlichen Reiz.
"Margot" folgt.

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