Samstag, 27. April 2013

“Die Pyrenäen” im Mai – Henri Quatre Colloquium


Pedro de Tolède / Henri IV (J. A. Ingres, 1819)
“Der Knabe war klein, die Berge waren ungeheuer.”


Bildquelle: Europeana
Das ist der Auftakt zum Tribut, den Heinrich Mann auf das Leben und Wirken von Henri IV zollt. Der Satz eröffnet das erste von 17 “Büchern”, die uns durch die zwei Teile des Roman-Epos leiten. Wir können uns also Zeit lassen mit dem Lesen, wenn wir ein Jahr ansetzen. Ab und an fallen im Monat zwei “Bücher” an. Aber zum Warmwerden denke ich, dass wir uns über den Mai auf “Die Pyrenäen” ( ca 56 Seiten) beschränken.

Auf dem Einband in der Fischer Taschenbuchausgabe ist Henri schon ein Jüngling. Hier aber ist der Knabe so zehn, elf Jahre alt und dabei, wie schon die erste Seite verrät, ein ganzes Kerlchen.

Jeanne d'Albret  (François Clouet, 1570)
Der Teil von Navarra, in der Henris Mutter Königin war, Jeanne III. von Navarra - oder eher bekannt als Jeanne d'Albret -, war um die 1560er herum noch unabhängig, politisch bedingt aber eng mit dem Frankreich der Katharina von Medici liiert. Seit Luther 1517 im fernen Wittenberg die 95 Thesen an die Kirchentür geheftet hatte, war der Religionsstreit längst durch alle Lande bis zur iberischen Halbinsel vorgedrungen. Jeanne d'Albret war treue Verfechterin von Calvins Lehre, eine Hugenottin. Katharina von Medici vertrat die Interessen von Rom, wenn es ihr gerade passte. Der Westfälische Friede ließ noch viele Jahre auf sich warten, und im 16. Jahrhundert konnte man in Europa nicht wirklich von Spanien, Frankreich, England und den Niederlanden sprechen mit der Vorstellung, die wir heute haben. Der Kontinent war in ständiger Bewegung gemäß der Herrschaftsverhältnisse von den jeweiligen Königsgeschlechtern. Jeanne, beispielsweise, war verheiratet mit Anton von Bourbon, und so sehr die Bourbonen im Laufe der Geschichte als Synonym für ein verkommenes Geschlecht herhalten mussten (George W. Bushs Clique als eine seiner späteren Vertreter, sozusagen), so nimmt es bei den Bourbonen mit Henri IV in wirklich grimmen Zeiten eigentlich einen hoffnungsvollen Anfang.

Aber erstmal lernen wir die Famile etwas kennen und das schöne Fleckchen Erde, wo alles seinen Ausgang nimmt:

Pyrenäen

Ausschnitt aus: Andrees Allgemeiner Handatlas; 1893; Bielefeld/Leipzig*


"Von einem der schmalen Wege zum andern kletterte er durch eine Wildnis von Farnen, die besonnt dufteten oder im Schatten ihn abkühlten, wenn er sich hinlegte. Der Fels sprang vor, und jenseits toste der Wasserfall, er stürzte herab aus Himmelshöhe. Die ganz bewaldeten Berge mit den Augen messen, scharfe Augen, sie fanden auf einem weit entfernten Stein zwischen den Bäumen die kleine graue Gemse! Den Blick verlieren in der Tiefe des blau schwebenden Himmels! Hinaufrufen mit heller Stimme aus Lebenslust! Laufen, auf bloßen Füßen immer in Bewegung! Atmen, den Körper baden innen und außen mit warmer, leichter Luft! Dies waren die ersten Mühen und Freuden des Knaben, er hieß Henri. Er hatte kleine Freunde, die waren nicht nur barfuß wie er, sondern auch zerlumpt oder halb nackt. Sie rochen nach Schweiß, Kräutern, Rauch wie er selbst; und obwohl er nicht, gleich ihnen, in einer Hütte oder Höhle wohnte, roch er doch gern seinesgleichen. Sie lehrten ihn Vögel fangen und sie braten. Mit ihnen zusammen buk er zwischen heißen Steinen sein Brot und aß es, nachdem er es mit Knoblauch eingerieben hatte. Denn vom Knoblauch wurde man groß und blieb immer gesund.“

*Titelseite, in Privatbesitz
Also – auf in die Pyrenäen! Am Mittwoch, dem 1. Mai, geht's los. Ich hoffe, dass sich zum Wochenende um den 1. Juni etliche Lesegefährten im virtuellen Henri Quatre Colloquium (für jene, die's kurz mögen: HQC) einfinden.

War einer in der Gegend und kann Bilder vom heutigen Pau beisteuern? Welche Stellen im Buch gefielen besonders? Wie ging's mit dem Lesen voran?

Frisch drauflos geschrieben unter "Kommentar"! Rechts in der Spalte, unter Kommentare,  läßt sich verfolgen, wenn es neue Beiträge gibt. In der Zwischenzeit werde ich im heimischen Bücherschrank stöbern und historische Karten und relevante Abbildungen beisteuern.

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